Bin beeindruckt von "Der Medicus". Das waren eben 150 Minuten opulente Unterhaltung. Großes Kino aus Deutschland! Vielleicht ein bisschen zu viel Schmutz in den Gesichtern der mittelalterlichen Bewohner. Dafür auf der anderen Seite etwas zu "sterile" Digitallandschaften von Pixomondo.
Eigentlich ist der Film ein nettes Märchen an coolen Schauplätzen. Und vielleicht ist er deshalb so voll an Gedankenanstöße und Botschaft. Gewarnt wird etwa vor Menschen, die im Namen Gottes sprechen und ihre Ängste und Unbeweglichkeit hinter vermeintlich göttlicher Autorität verstecken. (Und diese Warnung ist nicht nur für das Mittelalter gültig!)
Auch regt der Film zum Nachdenken über die Zukunft an (wenn einen nicht ständig das Mobiltelefondisplay einer Sitznachbarin blendet). Irgendwie will man gerne an den steten Fortschritt glauben, dass alles voranschreitet. Und dann erfahren wir in der berührenden Geschichte von Noah Gordon, dass im Mittelalter vieles an Wissen, das es zuvor schon einmal in Europa gab, wieder verloren gegangen war. Da sollten wir doch heute vielleicht ein bisschen besser aufpassen, dass wir nicht vor lauter Angst in alte Verhaltensmuster zurückfallen und zur falschen Medizin greifen.
Vorwärtskommen, forschen, Erkenntnis sammeln ist ein langsamer und mühsamer Weg. Alles in Schutt und Asche zu legen geht sehr schnell. Generationen haben sich für Freiheit und Gleichheit eingesetzt. Die persönlichen Interessen und Machtgelüste einiger wenigen haben Kraft das alles recht rasch wieder in Frage zu stellen. Die Dummheit vieler war dabei oft ein guter Dienst. Es geht also nicht immer automatisch weiter und voran. Wir müssen dafür schon auch etwas tun.
Sonntag, 29. Dezember 2013
Im Hier und Jetzt
Henry Gustav Molaison kurz vor der Operation, die ihm sein Gedächtnis raubte. |
Von seinem 27. Lebensjahr an lebte Molaison fortan ausschließlich im Hier und Jetzt, von einem Augenblick zum nächsten. Doch das machte es ihm unmöglich emotionale Beziehung zu Menschen aufzubauen. Kaum war etwa ein kurzes Gespräch mit jemandem beendet, war es auch schon wieder vergessen und Molaison begrüßte sein Gegenüber, als wäre es das erste Mal. Zum Begegnen brauchen wir also Erinnerungen, müssen wir uns offensichtlich als Menschen mit Anfang, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft begreifen. Das mit dem “ganz im Hier und Jetzt sein” klingt also ganz schick radikal, funktioniert aber zum Glück nur bei Gehirnamputierten.
Montag, 9. Dezember 2013
Der ideale Mann
Alles anders, selbst in den kleinsten
Einheiten. Kaum ist ein Wort beim zweiten Buchstaben angekommen,
schon kann man sich nicht sicher sein, wie es denn genau gemeint war.
Die Sätze verdrehen noch in der Hälfte vor dem Punkt ihren Sinn und
offensichtlich ist nichts so, wie es scheint. Elfriede Jelinek hat
Oscar Wildes Theaterstück „An Ideal Husband“ bearbeitet und
daraus mit „Der ideale Mann“ eine beißende Kritik am
Oberflächlichen im Burgtheater kalauert.
Doch will man überhaupt am
Oberflächlichen vorbei in die Tiefe schauen, die Abgründe
entdecken? Jede der Figuren im Stück blendet, tarnt und täuscht,
gibt vor und löst dann anderes ein. So hat der erfolgreiche Sir
Robert Chilten (Michael Maertens) durch illegale Weitergabe von
Informationen sein Vermögen gemacht, gilt aber in der Gesellschaft
und Partei als Saubermann und Vorbild. Seine Frau (Katharina Lorenz),
Charity Lady par excellence, ahnt die Lebenslüge ihres Mannes,
fordert Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, genießt dennoch den
illegalen Reichtum. Und kaum ist sie selbst in einer schwierigen
Situation, weil ein durchaus zweideutig zu verstehender Brief in
falsche Hände gerät, ist auch bei ihr die Lüge schnell im Mund.
Das Herauswinden aus den Verdrehungen
ergibt viele lustig anmutende Sätze, doch der ernste reale
Hintergrund diverser Skandale in Österreich schwingt immer mit. Und
selbst der Buttler (Peter Matić) gibt ständige etwas vor. Sei es,
dass er zuhört und es doch nicht versteht, oder dass er sein
schweres Gehen zur Schau stellt, in Wirklichkeit aber fit wie ein
Wiesel ist. Falschheit ist keine Eigenschaft von denen da oben.
Wollen es sich alle richten, egal ob Frühpension oder Aktiengewinn
und sei es nur ein Kuraufenthalt? Der große Spiegel links auf der
Bühne gilt uns allen!
Am Schluss rettet dann der scheinbare
Taugenichts Lord Goring (Matthias Matschke) vieles aus der
verfahrenen Situation. Nach den Regeln der Dramaturgie ist er der
Held. Nichts ist eben so wie es scheint, erste Eindrücke erzeugen
gerne falsche Bilder. Der bedeutungsschwere Theaterabend schließt
unerwartet als slapstickreiche Komödie mit Happy End. Man kann auch
wirklich nichts und niemandem trauen!
Sonntag, 8. Dezember 2013
Troja - Sind wir Spielball der Götter, oder haben wir es in der Hand?
Neid, Zorn, Intrige, Lug und Trug, ein
Olymp voller schlechter Eigenschaften. Ich gestehe, meine Sympathie
für die griechischen Göttersagen hält sich in Grenzen. Doch die
gestrige Aufführung von Troja im Kasino am Schwarzenbergplatz hat
meine Neugierde geweckt. Wieder hat es Matthias Hartmanns Regie
geschafft, mit einfachen Mitteln grandiose Effekte und tiefe
Emotionen auf die Bühne zu zaubern. Theater das berührt und bewegt.
Dazu bewegt, etwa noch weit nach Mitternacht, die klassischen
Erzählungen des Altertums als E-book zu laden und mit dem Lesen zu
beginnen. Theater, das zum Nachdenken anregt: Die Menschen als
Spielbälle der Götter? Willenlos Getriebene in der Spirale von
Hass, Elend und sinnlosen Kriegen? Verantwortungslos? Und weil man
diesen olympischen Götterspiegel, der da den Menschen vorgehalten
wird, in seiner Schwere und Dramatik nicht aushalten würde, gibt es
feine Pointen und Momente, wo man erleichtert lachen darf.
Am Schluss
steht dann das trojanische Pferd mitten auf der Bühne. Wie würde
die Geschichte eigentlich weitergehen, wenn es ein echtes Geschenk,
ohne doppeltem Boden gewesen wäre? Was kann Hass, Zorn, Intrige und
Krieg stoppen? Haben wird in den letzten 2500 Jahren etwas dazu
gelernt?
Sonntag, 17. November 2013
Tolstois "Krieg und Frieden"
Noch ganz angetan von Tolstois "Krieg und Frieden", inszeniert von Matthias Hartmann. Fast fünf Stunden lang schafft es das Ensemble im Kasino am Schwarzenbergplatz in den Bann zu ziehen und einen Stoff mit 250 Rollen und unzähligen Handlungssträngen zu verdichten. Hartmann nimmt nur ein paar Sesseln und Tische, ein bisschen Rauch, etwas Licht und simple Videoprojektionen, um unglaublich effektvolle Szenen und emotionale Momente zu schaffen. (War der Scheinwerferabsturz und das zersplitternde Glas geplant?) Und wie immer darf bei Hartmann der Humor nicht zu kurz kommen. Super Aufführung, die kein bisschen langweilig wird!
Samstag, 16. November 2013
“Tschessmein" - Woody Allens “Blue Jasmine”
“Tschessmein"! Auf englisch ausgesprochen hat der Name nichts mehr vom lieblichen Duft, der im deutschen “Jasmin” mitklingt. Gut so, denn in Woody Allens “Blue Jasmine” ist nichts lieblich. Hart landet da eine High-Society-Lady (Cate Blanchett) letztendlich auf der Straße. Stück für Stück legt Allen die Lebenslügen seiner Hauptfigur in diesem Film offen. Hier wird eine Scheinwelt zum crashen gebracht, die aus Augenverschließen, hohlen Benimmregeln, Arrangieren und Akzeptieren besteht.
Jeder hat’s gewusst, keiner hat etwas gesagt, etwa dass Jasmines reicher Mann sein Geld mit krummen Geschäften verdient und seine Frau immer wieder betrügt. Verdrängen bis zum geht nicht mehr. Mit Gesellschaftskritik hält sich Woody Allen in diesem Film nicht zurück. Und seine Kritik kommt oft so ganz nebenbei, etwa als Jasmine ihrem Taxifahrer ein dickes Trinkgeld gibt und ihm dabei keines Blickes würdigt. Subtiler und treffender hätte man Jasmines tiefe Menschenverachtung nicht zum Vorschein bringen können, um damit unserer satten Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten.
Und dann gibt es auch noch die Menschenfreundin in dem Film: Jasmines Adoptivschwester Ginger. In Allens Dramaturgie ist sie es, die letztlich gewinnt. Eigentlich hätte die in ärmlichen Verhältnissen lebende Ginger Grund genug, nie wieder mit ihrer Schwester auch nur ein Wort zu reden. Doch Ginger verzeiht, nimmt Jasmine auf, überhört abfällig Bemerkungen, bemüht sich Jasmine zurück ins Leben zu bringen, gibt ihrer Schwester immer wieder Chancen. Doch Allen zeigt auch, dass wir neben aller Hilfe und Beeinflussung von außen, letztlich alleine für unser Tun verantwortlich sind. Und so endet Allens FIlm, wie gestern die Vorstellung vom Liliom im Burgtheater: Liliom und Jasmine stehen sich selber im Weg und verbocken auch die letzte Chance. Sie sind unfähig sich zu ändern. Und dann kommt die Frage: Wenn es die Liebe der Freunde nicht schafft, wenn es die Lebensumstände nicht schaffen und man selbst zu keinen Änderungen fähig ist, gibt es dann noch etwas, auf das man hoffen könnte? Ein genialer Allen Film, aber alles andere als vergnüglich zum Anschauen!
Jeder hat’s gewusst, keiner hat etwas gesagt, etwa dass Jasmines reicher Mann sein Geld mit krummen Geschäften verdient und seine Frau immer wieder betrügt. Verdrängen bis zum geht nicht mehr. Mit Gesellschaftskritik hält sich Woody Allen in diesem Film nicht zurück. Und seine Kritik kommt oft so ganz nebenbei, etwa als Jasmine ihrem Taxifahrer ein dickes Trinkgeld gibt und ihm dabei keines Blickes würdigt. Subtiler und treffender hätte man Jasmines tiefe Menschenverachtung nicht zum Vorschein bringen können, um damit unserer satten Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten.
Und dann gibt es auch noch die Menschenfreundin in dem Film: Jasmines Adoptivschwester Ginger. In Allens Dramaturgie ist sie es, die letztlich gewinnt. Eigentlich hätte die in ärmlichen Verhältnissen lebende Ginger Grund genug, nie wieder mit ihrer Schwester auch nur ein Wort zu reden. Doch Ginger verzeiht, nimmt Jasmine auf, überhört abfällig Bemerkungen, bemüht sich Jasmine zurück ins Leben zu bringen, gibt ihrer Schwester immer wieder Chancen. Doch Allen zeigt auch, dass wir neben aller Hilfe und Beeinflussung von außen, letztlich alleine für unser Tun verantwortlich sind. Und so endet Allens FIlm, wie gestern die Vorstellung vom Liliom im Burgtheater: Liliom und Jasmine stehen sich selber im Weg und verbocken auch die letzte Chance. Sie sind unfähig sich zu ändern. Und dann kommt die Frage: Wenn es die Liebe der Freunde nicht schafft, wenn es die Lebensumstände nicht schaffen und man selbst zu keinen Änderungen fähig ist, gibt es dann noch etwas, auf das man hoffen könnte? Ein genialer Allen Film, aber alles andere als vergnüglich zum Anschauen!
Freitag, 15. November 2013
Schlagen und dabei nicht weh tun? - Molnárs Liliom
Rund 100 Jahre alt ist die Geschichte von Molnárs Liliom. Heute im Burgtheater war sie gut inszeniert und zum Glück brachten einige Lacher und kleine Späße genügend Erleichterung, so dass einem das Scheitern Lilioms (Nicholas Ofczarek), der eigentlich gutes wollte und bis zum Ende alle Chancen vergeigt, nicht unerträglich wurde. Schon spannend wie Rang und Uniform damals wichtig waren, wie viel Selbstachtung "kleine" Jobs, etwa als Ausrufer beim Ringelspiel den Menschen brachten. Und auch gut zu sehen, was Bildung bewirken kann.
Aber nicht immer haben die klugen und überlegten, fleißigen und integren Menschen auch das angenehmere Leben. Dumm, wie Marie (Marvie Hörbiger), lebt es sich auch ganz gut, wenn man nur Glück hat. Und der letzte Satz im Stück bleibt einem dann hängen: "Es ist möglich, mein Kind, dass einen jemand schlägt, und es tut gar nicht weh." Gibt es also doch Erlösung für Liliom durch Julie (Katharina Lorenz), trotz allem Scheitern?
Aber nicht immer haben die klugen und überlegten, fleißigen und integren Menschen auch das angenehmere Leben. Dumm, wie Marie (Marvie Hörbiger), lebt es sich auch ganz gut, wenn man nur Glück hat. Und der letzte Satz im Stück bleibt einem dann hängen: "Es ist möglich, mein Kind, dass einen jemand schlägt, und es tut gar nicht weh." Gibt es also doch Erlösung für Liliom durch Julie (Katharina Lorenz), trotz allem Scheitern?
Mittwoch, 6. November 2013
Frau Esther John will mir ein paar Millionen Dollar schenken.
"Die Bibel macht uns zu verstehen, dass Selig die Hand, die ihn gibt ist ". Frau Esther John will mir ein paar Millionen Dollar schenken und teilt mir das in verbesserungswürdigem Deutsch mit. Sie traf diese Entscheidung , weil ihre "Verwandten sind keine Christen" , und sie glaubt, dass ihr Mann das Geld nur für "Bemühungen von Ungläubigen" verwendet wird.
Schön, dass sie da für ihren Spendenanfall gerade mich als würdigen "Christen" auswählt. Alleine in den letzten Tagen haben ich rund 30 solcher Emails mit Angeboten über zusammengerechnet fast 850 Millionen Dollar erhalten und die "Schenker" und "großzügigen" Menschen hinter den etwas dubiosen Emailadressen werden immer kreativer beim formulieren ihrer Texte. Leider hapert es noch ein wenig mit der automatischen Googleübersetzung, die das alles ein bisschen ins Lächerliche zieht.
Schade eigentlich, hätte mich wirklich über die 850 Millionen Dollar gefreut ... Angeblich funktioniert es aber andersrum. Es soll Menschen geben, die auf solche Email reinfallen, ein Konto eröffnen, Provisionen zahlen und tatsächlich ein paar Tausend Euro im Glauben an den großen Gewinn verlieren. Wenn Frau Esther John genug damit verdient hat, kann sie mir ja wirklich noch ein paar Scheine in christlicher Nächstenliebe überweisen.
Schön, dass sie da für ihren Spendenanfall gerade mich als würdigen "Christen" auswählt. Alleine in den letzten Tagen haben ich rund 30 solcher Emails mit Angeboten über zusammengerechnet fast 850 Millionen Dollar erhalten und die "Schenker" und "großzügigen" Menschen hinter den etwas dubiosen Emailadressen werden immer kreativer beim formulieren ihrer Texte. Leider hapert es noch ein wenig mit der automatischen Googleübersetzung, die das alles ein bisschen ins Lächerliche zieht.
Schade eigentlich, hätte mich wirklich über die 850 Millionen Dollar gefreut ... Angeblich funktioniert es aber andersrum. Es soll Menschen geben, die auf solche Email reinfallen, ein Konto eröffnen, Provisionen zahlen und tatsächlich ein paar Tausend Euro im Glauben an den großen Gewinn verlieren. Wenn Frau Esther John genug damit verdient hat, kann sie mir ja wirklich noch ein paar Scheine in christlicher Nächstenliebe überweisen.
Donnerstag, 3. Januar 2013
Wir jagen einen Zug - Reisebericht Sri Lanka
(Reisebericht Sri Lanka Teil 4)
Vielleicht habe wir dann doch zu lange benötigt um die Details bei der Edelsteingewinnung in Sri Lanka in Erfahrung zu bringen, einen imposanten Wasserfall zu betrachten und in die Kunst der Teefermentierung eingeführt zu werden. Jedenfalls schaut es jetzt zeitmäßig gar nicht gut aus, um 12.20 Uhr sollten wir in Nuwara Eliya sein. Das heißt um 12.20 Uhr geht von dort unser Zug nach Ella. Iranga unser Chauffeur gibt alles, Petra und Julia schlucken die nächste Reisetablette und ich presse mich mit Füßen und Armen zwischen die Sitze und sage mir immer wieder vor: „mir wurde beim Autofahren noch nie schlecht, noch nie schlecht, noch nie schlecht!“.Tausende Kurven und zehntausende Schlaglöcher zeichnen unsere Fahrt aus. Die starken Regenfälle der letzten Wochen, wie gesagt es ist ja eigentlich „Trockenzeit“, haben der Straße nicht wirklich gut getan und dann scheint unsere Fahrt plötzlich zu Ende zu sein. Ein Erdrutsch versperrt die Weiterfahrt. Doch Iranga kennt einen Ausweg mit noch mehr Kurven und noch mehr Schlaglöchern. Wir peilen nun Ambewala, die Station nach Ella an. Es schaut gut aus, in der Station warten viele Menschen. Das heißt, der Zug war noch nicht da, weil er verspätet ist. Dann aber die schlechte Nachricht: Sehr wahrscheinlich wird er hier auch gar nicht stehen bleiben, wir sollten uns Glück lieber in der nächsten Station versuchen, teilt uns der Stationsvorstand mit. Also zurück zum Auto und wieder auf die Mugelpiste nach Pattipola. Hier erfahren wir, dass der Zug bereits 2 Stunden und 41 Minuten Verspätung hat, wir also um 30 Minuten zur früh dran sind. Der Bahnhofsvorstand, ganz in weißer Uniform, ist hier eine Respektperson. Zehn Meter links und rechts von den Schienen gilt nur sein Gesetz. Fahrkarten werden daher auch erst kurz vor Eintreffen des Zuges verkauft und sein Büro könnte man direkt ins Museum stellen.
Wir sind hungrig und wollen die Zeit nützen etwas Essbares aufzutreiben. Fündig werden wir in einer kleinen Hütte. Zum Glück ist es drinnen recht düster, sodass man nicht genau sehen kann, wo da all die Lebensmitte liegen. Wir bestellen mit Zeichensprache und bekommen diverse Teigtaschen direkt in Zeitungspapier eingewickelt. Es schmeckt köstlich! Am Bahnhof kündet eine Glocke vom Nahen des Zuges. Jetzt werden auch die Karten verkauft. Und dann sieht man auch schon die blaue Lokomotive. Wie die zwanzig Menschen hinter mir noch an ihre Tickets kommen, bleibt mir rätselhaft, denn wir springen gerade noch auf den Zug und dann verlässt der auch schon die Station.
Gegen die Autofahrt ist das Rütteln und Schaukeln im Wagon ein sanftes Wiegen. Umfallen könnte man sowieso nicht, der Zug ist vollgepackt mit Menschen. Die Türen bleiben offen und so zieht die Landschaft sehr unmittelbar an uns vorbei, die Kinder kreischen bei jedem Tunnel und auf den Brücken ohne Geländer eröffnet sich ein atemberaubender Blick hinunter in die Täler, zumindest in den kurzen Momenten, an denen die Wolken aufreißen. Der Zug hat sich hier auf fast zweitausend Meter hinaufgeschraubt. Von Station zu Station leeren sich die Wagons und wir bekommen nach einer dreiviertel Stunde Fahrt einen Sitzplatz. Eigentlich waren wir auf drei Stunden Zugfahrt eingestellt, doch dann wecken mich aufgeregte Stimmen. „Ella, Ella“. Schneller als gedacht sind wir an unserem Ziel angekommen und es schüttet wie aus der Gießkanne.
Alles wird geteilt
Die wohlklingenden Namen der „Hotels“ werden dem kaum gerecht, was sie suggerieren. Frisches Bettzeug ist leider keine Selbstverständlichkeit und das Personal schläft sowieso am Boden vor den Zimmern. Das große Fenster unseres Klos, wohlgemerkt ohne Glas, dafür aber mit wunderschönen Holzschnitzerein dekoriert gehen direkt in die Rezeption, die zugleich Speisesaal ist. Ein Toilettgang wird so unfreiwillig zum freudig geteilten Gemeinschaftserlebnis für alle Gäste. Als wir dann auch noch Leintücher, frische wenn möglich, verlangen, bringen wir das sehr freundliche und engagierte Servicepersonal in echte Bedrängnis. Was soll's, man gewöhnt sich an vieles! Wir treffen andere Österreicher, teilen die „Zimmererlebnisse“ auf der Rundreise und versuchen uns mit Arrak und Bier für die Übernachtung gleichmütig zu stimmen.
Wanderung und Höhlentempelbesuch füllen den Vormittag aus. Den Nachmittag verbringen wir im Auto. Der Magen hängt uns schon bei den Knien, also peilen wir die nächstmögliche Essenstelle an: Ein Truckerstopp. Optisch macht das Lokal nicht viel her, gehört für uns eher zur Kategorie „Durchfallfraktion“, doch das Essen war dann eine echte Überraschung. Curry vom Feinsten, vielfältig und raffiniert zubereitet. Für vier Personen inklusive Getränk geben wir soviel aus, wie sonst für eine Mahlzeit, ein echtes Highlight unserer Reise. Kulinarisch geht es an diesem Tag weiter. An einem Straßenstand kosten wir die verschiedenen Mangosorten Sri Lankas, trinken Kräutertee und kaufen eine Flasche Arrak. Eigentlich war die Flasche als Vorrat für die nächsten Tage bestimmt, sie hat aber den Abend mit den Wiener Reisebekannten nicht gefüllt überlebt.
Nationalpark
Um vier in der Früh läutet der Wecker. Auf einem Jeep geht es in Richtung Yala Nationalpark. Der Sonnenaufgang ist beeindruckend. Nach und nach erkennen wir die Landschaft rund um uns. Hunderte Wasserbüffel lümmeln in den riesigen Lacken links und rechts der Holperpiste. Dann ist der Nationalpark erreicht und die „Fahrwege“ werden noch schlechter. Der Regen der letzten Tage hat seine Spuren hinterlassen und vieles unter Wasser gesetzt. Wir fahren durch „Pfützen“ und haben das Gefühl zu schwimmen. Schön, dass es hier Krokodile gibt! Ein paar Krokodilaugen sehen wir dann auch. Die Fahren haben den Ehrgeiz möglichst die gesamte Tierwelt des Nationalparks zu präsentieren. Daher verbreitet sich die Kunde eines schlafenden Leoparden, irgendwo in Sichtweite, wie ein Lauffeuer per SMS unter den Chauffeuren. Harter U-turn auf der Dirtroad und schon sind 30 Jeeps auf Wettfahrt zu der schlafenden Wildkatze. Jeder Fahrer wollte seiner Gruppe die beste Fotoposition ermöglichen. Wildes Gedeute, Gefuchtel, „da ... , dort etwas weiter links..., nein rechts, hinter dem Baum, zwischen den Blättern, ...“. Kolonnenverkehr und Stau im Nationalpark. Alle haben brav ihre Teleobjektive ausgepackt und hunderte Fotos von dem grünen Buschwerk geschossen. Ich bin mir sicher, Leopard war da aber keiner.
Zum Teil 1, zum Teil 2, zum Teil 3, zum Teil 4
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