(Reisebericht Sri Lanka Teil 2)
Es gibt ja so eine Regel in armen Ländern: „wer dich anspricht, will nicht nur helfen, sondern auch verdienen.“ Daher Vorsicht vor allen, die dich in der Fremde ansprechen, scheinbar den ganzen Tag nichts zu tun haben und zufällig dort stehen, wo Touristen angespült werden. Auch wir werden wieder einmal angesprochen, verneinen natürlich reflexartig und wiederholen mehrfach freundlich aber bestimmt unser „No, thank you“. Aber es bleibt ohne Wirkung bei unserem Gegenüber, einem 32 jährigen Mann aus Negombo. Angeblich ist er nach zehn Jahren erstmals wieder auf Weihnachtsurlaub aus Italien zurück in der Heimat. Warum er dann ausgerechnet den restlichen Abend mit uns verbringen will, wird uns nicht klar. Spätestens nach einer Stunde habe ich das Gefühl, dass wir uns nichts mehr zu erzählt hätten. Doch der junge Mann entwickelt immer mehr Interesse an uns. Er will uns unbedingt wiedersehen, in eine weitere Bar gehen, den Heiligen Abend mit uns verbringen, … wie kommen wir da wieder raus? Wie unsensibel muss dieser Kerl sein, dass er nicht begreift, dass wir eigentlich nichts weiter mit ihm unternehmen wollen? Oder ist das gar eine Falle? Versucht uns da jemand auf ganz gefinkelte Art und Weise zu linken? Wir überlegen hin und her, kommen aber zu keinem Ergebnis. Ein bisschen wird unsere Verschwörungstheorie genährt, als er nicht bereit ist uns seine Facebook Adresse zu geben. Doch dann ist er am nächsten Tag schon wieder da, stöbert uns am Strand nach. Julia hat dann die klaren Wort gesprochen. „We don't want to meet you anymore“. Nach einer Stunde hat er es dann endlich auch verstanden. Haben wir da einen neuen Freund wirklich aufs Schändlichste beleidigt, oder gerade verhindert, dass wir einem Trickbetrüger schlimm auf den Leim gehen?
Tischlein deck dich
Bei uns im Hotel stellen sie nun schon zum dritten Mal die Tische um: Aufdecken, Abdecken, Servietten hin, Tischtuch weg, anderes Tischtuch wieder hin usw., auch so kann man fünf Kellner bis zum Heiligen Abend beschäftigen. Es soll eine große Christmas Party geben erzählt der Oberkellner, der den Hauptkellner beaufsichtigt, der wiederum an den diensthabenden leitenden Kellner seine Befehle weitergibt. Wirklich ins Schwitzen geraten nur die Lehrkellner. Dank ihnen sieht dann schließlich doch alles sehr einladend aus. Wir entscheiden uns aber dennoch für das „Lords“ und essen Austern statt Weihnachtskarpfen. Beim Essen erfahren wir dann auch mehr über die spannende Lebensgeschichte des Inhabers. Ein Engländer, der versucht seinen Lebenstraum in Sri Lanka zu leben.
Weihnachtsdonner
In Negombo leben viele Christen. Man nennt die Gegend hier auch wegen der vielen Kirchen das „Little Rome“. Um 23.00 Uhr machen wir uns auf die Suche nach einer Mitternachtsmette. Und wir lernen: Nie Suggestivfragen stellen! Die Antwort heißt hier sonst immer „Ja“. Unser Tuck-tuck Fahrer hat natürlich nicht gewusst wo das „Maris Stella Kolleg“ ist und wir stehen ganz wo anders. Also Weiterfahrt und Suche nach dem Kolleg, denn wir wollen die Mette in englischer Sprache verfolgen. Die Jugendlichen des „Maris Stella Kolleg“ singen bemüht. Die Kirche füllt sich rasch und viele müssen sogar auf Stühlen neben und vor der Kirche Platz nehmen, obwohl man ob des Gesangs zeitweise eher an Flucht denken möchte. Englisch klingt hier für unsere Ohren gleich wie Indisch,Tamil oder Singhalesisch.Was jedenfalls bei mir ankommt: Die Weihnachtsbotschaft muss eine furchtbare Drohbotschaft sein, denn der Priester donnert mit erhobener und verzerrter Stimme ins Mikrophone und alle lauschen ganz eingeschüchtert. Noch mehr Angst haben aber die zwei Frauen in der Bank vor uns. Ein streunenden Hund, der auf Herbergssuche in die Kirche gekommen ist, stört die heilige Ordnung. Zuerst Aufraunen vor uns, dann hektisches Aufspringen und schließlich verlassen die zwei Frauen vor uns fluchtartig die Bank. Ein kleiner Hund mit großer Wirkung, vielleicht waren es aber eher die Flöhe, die lustig über dem Hund tanzend diesen großen Schrecken verbreiteten. Uns juckt auch schon alles!
Wie schnell man sein kann, wenn man den Weg kennt, beweist ein anderer Tuck-Tuck Fahrer bei der Rückfahrt. Keine zehn Minuten später sind wir kurz vor zwei Uhr morgens zurück im Hotel. Woran wir nicht gedacht haben, wir haben keinen Schlüssel und die Einfahrt zum Hotel ist bereits versperrt. Rund um uns krachen Feuerwerkskörper, aber in einer kleinen „Gefechtspause“ vernimmt dann doch einer der Nachtwächter im Hotel unser Klopfen und der Weg zu unserem Zimmer ist frei. Mit dem Schießen werden die Menschen hier offensichtlich nicht müde. Bis in den frühen Morgen knallen unentwegt die Weihnachtsdonner.
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