“Tschessmein"! Auf englisch ausgesprochen hat der Name nichts mehr vom lieblichen Duft, der im deutschen “Jasmin” mitklingt. Gut so, denn in Woody Allens “Blue Jasmine” ist nichts lieblich. Hart landet da eine High-Society-Lady (Cate Blanchett) letztendlich auf der Straße. Stück für Stück legt Allen die Lebenslügen seiner Hauptfigur in diesem Film offen. Hier wird eine Scheinwelt zum crashen gebracht, die aus Augenverschließen, hohlen Benimmregeln, Arrangieren und Akzeptieren besteht.
Jeder hat’s gewusst, keiner hat etwas gesagt, etwa dass Jasmines reicher Mann sein Geld mit krummen Geschäften verdient und seine Frau immer wieder betrügt. Verdrängen bis zum geht nicht mehr. Mit Gesellschaftskritik hält sich Woody Allen in diesem Film nicht zurück. Und seine Kritik kommt oft so ganz nebenbei, etwa als Jasmine ihrem Taxifahrer ein dickes Trinkgeld gibt und ihm dabei keines Blickes würdigt. Subtiler und treffender hätte man Jasmines tiefe Menschenverachtung nicht zum Vorschein bringen können, um damit unserer satten Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten.
Und dann gibt es auch noch die Menschenfreundin in dem Film: Jasmines Adoptivschwester Ginger. In Allens Dramaturgie ist sie es, die letztlich gewinnt. Eigentlich hätte die in ärmlichen Verhältnissen lebende Ginger Grund genug, nie wieder mit ihrer Schwester auch nur ein Wort zu reden. Doch Ginger verzeiht, nimmt Jasmine auf, überhört abfällig Bemerkungen, bemüht sich Jasmine zurück ins Leben zu bringen, gibt ihrer Schwester immer wieder Chancen. Doch Allen zeigt auch, dass wir neben aller Hilfe und Beeinflussung von außen, letztlich alleine für unser Tun verantwortlich sind. Und so endet Allens FIlm, wie gestern die Vorstellung vom Liliom im Burgtheater: Liliom und Jasmine stehen sich selber im Weg und verbocken auch die letzte Chance. Sie sind unfähig sich zu ändern. Und dann kommt die Frage: Wenn es die Liebe der Freunde nicht schafft, wenn es die Lebensumstände nicht schaffen und man selbst zu keinen Änderungen fähig ist, gibt es dann noch etwas, auf das man hoffen könnte? Ein genialer Allen Film, aber alles andere als vergnüglich zum Anschauen!
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