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Im Beethovenhaus: Frau Tuschek ärgert sich über Beethovens Klavierspiel. Foto: Marcus Marschalek |
Masken, Tanz und Kasperl
Da gibt es ein K&K Kasperltheater im Krawany-Hof: “Seid ihr auch alle da?” Nici Neiss versteht es ihrem Kasperl, den sie auch selber spielt, fast dämonische Präsenz zu verleihen. Verzaubert und hörig schaut das Publikum zu, um nach dem dramatischen Auftritt von Kronprinz Rudolf, vom Kasperl weiter zum nächsten Spielort geschickt zu werden. “Husch, husch,” scheucht der Kasperl sein Zuseher vor sich her. 11 Schauspieler und Schauspielerinnen schlüpfen an diesem Abend in 40 Rollen und haben ein gutes Gespür für die Balance zwischen Dramatik und Humor. Während des gesamten Abends schaffen sie es fast immer die Spannung zu halten und das Publikum neugierig zum nächsten Spielort zu treiben.
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Ein eindrucksvoller Kasperl im K&K Theater Foto: Marcus Marschalek |
Stark sind die Szenen über die Kriegsheimkehrer am Brunnen in der Brühlerstraße oder über die Judenverfolgung in Mödling. Beklemmend der Gang von St. Otmar durch die Kirchengasse. Hier rufen Zeitungsjungen, werden Transparente entrollt und es wird lautstark protestiert. Als Publikum ist man plötzlich mitten im Geschehen und kann in der engen Gasse nicht ausweichen, der “Zeitreise” nicht entkommen. Aber das Stück bleibt nicht in der Geschichte stecken. Vieles wirkt erstaunlich aktuell. Beschwerden über zu lautes Musizieren von Beethoven oder der erfolglose Kampf von Anton Wildgans gegen Korruption im Burgtheater, könnten auch gerade aktuell passieren.
Geschichte und Gegenwart im rechten Maß
Dass Menschen lieben und hassen, denunzieren und eigene Vorteile suchen, für Ideale einstehen, andere Ausgrenzen, sich vor Fremden fürchten, Intrigen spinnen, heiraten und morden, an all dem scheint sich durch die Jahrhunderte nicht viel verändert zu haben. Inszenierung und Text haben da ein gutes Gefühl Geschichte und Gegenwart im rechten Maß zu verbinden und laufen nicht in die Falle kabarettistischer Schenkelklopferpointen.
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Der Graml-Toni erzählt vom Justizirrtum am Kirchplatz vor St. Otmar. Foto: Marcus Marschalek |
Ein starker Momente auch die Begegnung mit der Pest. Ohne szenische Darstellung, nur mit allerlei Stimmakrobatik wird man hier akustisch geküsst und es läuft einem warum und kalt über den Rücken und auch hier gelingt es die Jahrhunderte zu verbinden und das Publikum zwischen Nachdenken und Schmunzeln in Schwebe zu halten.
Wenig Mittel, viel Output
Natürlich merkt man immer wieder, dass diesem szenischen Stadtspaziergang die Mitteln einer großen teuren Produktion fehlen. An manchen Szenen hätte man durchaus noch feilen können. Die Tanzeinlagen der Schlussrevue wirken noch ein bisschen nach Laienbühne und würden noch einige Probenarbeit vertragen.
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"Heute Krieg, morgen Sieg" rufen die begeisterten Mödlinger. Ein paar Monate später sind viele tot, die Überlebenden verletzt an Leib und Seele. Foto: Marcus Marschalek |
Dennoch ist das fast unmögliche gelungen: 1111 Jahre und 40 Personen mit ihren Geschichten in einen interessanten Theaterabend zu verweben, ist eher ein Vorhaben, dass von vornherein hätte scheitern müssen. Doch Musik und Kostüm schaffen eine gekonnte Verbindung zwischen den Szenen und Figuren. Und wer sich auf die Begegnung, etwa mit der Anningerwirtin, Bürgermeister Thoma, Kaiserin Sisi, Ordensschwester Restituta oder auch Musiker Falco und vielen anderen, in Mödling einst lebenden Menschen einlässt, wird nicht enttäuscht.