Donnerstag, 3. Januar 2013

Wir jagen einen Zug - Reisebericht Sri Lanka

(Reisebericht Sri Lanka Teil 4)

Vielleicht habe wir dann doch zu lange benötigt um die Details bei der Edelsteingewinnung in Sri Lanka in Erfahrung zu bringen, einen imposanten Wasserfall zu betrachten und in die Kunst der Teefermentierung eingeführt zu werden. Jedenfalls schaut es jetzt zeitmäßig gar nicht gut aus, um 12.20 Uhr sollten wir in Nuwara Eliya sein. Das heißt um 12.20 Uhr geht von dort unser Zug nach Ella. Iranga unser Chauffeur gibt alles, Petra und Julia schlucken die nächste Reisetablette und ich presse mich mit Füßen und Armen zwischen die Sitze und sage mir immer wieder vor: „mir wurde beim Autofahren noch nie schlecht, noch nie schlecht, noch nie schlecht!“.Tausende Kurven und zehntausende Schlaglöcher zeichnen unsere Fahrt aus. Die starken Regenfälle der letzten Wochen, wie gesagt es ist ja eigentlich „Trockenzeit“, haben der Straße nicht wirklich gut getan und dann scheint unsere Fahrt plötzlich zu Ende zu sein. Ein Erdrutsch versperrt die Weiterfahrt. Doch Iranga kennt einen Ausweg mit noch mehr Kurven und noch mehr Schlaglöchern. Wir peilen nun Ambewala, die Station nach Ella an. Es schaut gut aus, in der Station warten viele Menschen. Das heißt, der Zug war noch nicht da, weil er verspätet ist. Dann aber die schlechte Nachricht: Sehr wahrscheinlich wird er hier auch gar nicht stehen bleiben, wir sollten uns Glück lieber in der nächsten Station versuchen, teilt uns der Stationsvorstand mit. Also zurück zum Auto und wieder auf die Mugelpiste nach Pattipola. Hier erfahren wir, dass der Zug bereits 2 Stunden und 41 Minuten Verspätung hat, wir also um 30 Minuten zur früh dran sind. Der Bahnhofsvorstand, ganz in weißer Uniform, ist hier eine Respektperson. Zehn Meter links und rechts von den Schienen gilt nur sein Gesetz. Fahrkarten werden daher auch erst kurz vor Eintreffen des Zuges verkauft und sein Büro könnte man direkt ins Museum stellen.

Wir sind hungrig und wollen die Zeit nützen etwas Essbares aufzutreiben. Fündig werden wir in einer kleinen Hütte. Zum Glück ist es drinnen recht düster, sodass man nicht genau sehen kann, wo da all die Lebensmitte liegen. Wir bestellen mit Zeichensprache und bekommen diverse Teigtaschen direkt in Zeitungspapier eingewickelt. Es schmeckt köstlich! Am Bahnhof kündet eine Glocke vom Nahen des Zuges. Jetzt werden auch die Karten verkauft. Und dann sieht man auch schon die blaue Lokomotive. Wie die zwanzig Menschen hinter mir noch an ihre Tickets kommen, bleibt mir rätselhaft, denn wir springen gerade noch auf den Zug und dann verlässt der auch schon die Station.

Gegen die Autofahrt ist das Rütteln und Schaukeln im Wagon ein sanftes Wiegen. Umfallen könnte man sowieso nicht, der Zug ist vollgepackt mit Menschen. Die Türen bleiben offen und so zieht die Landschaft sehr unmittelbar an uns vorbei, die Kinder kreischen bei jedem Tunnel und auf den Brücken ohne Geländer eröffnet sich ein atemberaubender Blick hinunter in die Täler, zumindest in den kurzen Momenten, an denen die Wolken aufreißen. Der Zug hat sich hier auf fast zweitausend Meter hinaufgeschraubt. Von Station zu Station leeren sich die Wagons und wir bekommen nach einer dreiviertel Stunde Fahrt einen Sitzplatz. Eigentlich waren wir auf drei Stunden Zugfahrt eingestellt, doch dann wecken mich aufgeregte Stimmen. „Ella, Ella“. Schneller als gedacht sind wir an unserem Ziel angekommen und es schüttet wie aus der Gießkanne.

Alles wird geteilt


Die wohlklingenden Namen der „Hotels“ werden dem kaum gerecht, was sie suggerieren. Frisches Bettzeug ist leider keine Selbstverständlichkeit und das Personal schläft sowieso am Boden vor den Zimmern. Das große Fenster unseres Klos, wohlgemerkt ohne Glas, dafür aber mit wunderschönen Holzschnitzerein dekoriert gehen direkt in die Rezeption, die zugleich Speisesaal ist. Ein Toilettgang wird so unfreiwillig zum freudig geteilten Gemeinschaftserlebnis für alle Gäste. Als wir dann auch noch Leintücher, frische wenn möglich, verlangen, bringen wir das sehr freundliche und engagierte Servicepersonal in echte Bedrängnis. Was soll's, man gewöhnt sich an vieles! Wir treffen andere Österreicher, teilen die „Zimmererlebnisse“ auf der Rundreise und versuchen uns mit Arrak und Bier für die Übernachtung gleichmütig zu stimmen.

Wanderung und Höhlentempelbesuch füllen den Vormittag aus. Den Nachmittag verbringen wir im Auto. Der Magen hängt uns schon bei den Knien, also peilen wir die nächstmögliche Essenstelle an: Ein Truckerstopp. Optisch macht das Lokal nicht viel her, gehört für uns eher zur Kategorie „Durchfallfraktion“, doch das Essen war dann eine echte Überraschung. Curry vom Feinsten, vielfältig und raffiniert zubereitet. Für vier Personen inklusive Getränk geben wir soviel aus, wie sonst für eine Mahlzeit, ein echtes Highlight unserer Reise. Kulinarisch geht es an diesem Tag weiter. An einem Straßenstand kosten wir die verschiedenen Mangosorten Sri Lankas, trinken Kräutertee und kaufen eine Flasche Arrak. Eigentlich war die Flasche als Vorrat für die nächsten Tage bestimmt, sie hat aber den Abend mit den Wiener Reisebekannten nicht gefüllt überlebt.

Nationalpark


Um vier in der Früh läutet der Wecker. Auf einem Jeep geht es in Richtung Yala Nationalpark. Der Sonnenaufgang ist beeindruckend. Nach und nach erkennen wir die Landschaft rund um uns. Hunderte Wasserbüffel lümmeln in den riesigen Lacken links und rechts der Holperpiste. Dann ist der Nationalpark erreicht und die „Fahrwege“ werden noch schlechter. Der Regen der letzten Tage hat seine Spuren hinterlassen und vieles unter Wasser gesetzt. Wir fahren durch „Pfützen“ und haben das Gefühl zu schwimmen. Schön, dass es hier Krokodile gibt! Ein paar Krokodilaugen sehen wir dann auch. Die Fahren haben den Ehrgeiz möglichst die gesamte Tierwelt des Nationalparks zu präsentieren. Daher verbreitet sich die Kunde eines schlafenden Leoparden, irgendwo in Sichtweite, wie ein Lauffeuer per SMS unter den Chauffeuren. Harter U-turn auf der Dirtroad und schon sind 30 Jeeps auf Wettfahrt zu der schlafenden Wildkatze. Jeder Fahrer wollte seiner Gruppe die beste Fotoposition ermöglichen. Wildes Gedeute, Gefuchtel, „da ... , dort etwas weiter links..., nein rechts, hinter dem Baum, zwischen den Blättern, ...“. Kolonnenverkehr und Stau im Nationalpark. Alle haben brav ihre Teleobjektive ausgepackt und hunderte Fotos von dem grünen Buschwerk geschossen. Ich bin mir sicher, Leopard war da aber keiner.

Zum Teil 1, zum Teil 2, zum Teil 3, zum Teil 4