Joe Cocker, Mikle Jackson und Tina Turner. Sie alle sind heute zu Gast in meinem Hotelzimmer. Ich habe die Ehre mitten in Skopje zu residieren. Und im Zentrum ist eben etwas los. Gleich vis-à-vis meiner Vollglaszimmerfront ist eine coole Rockbar. Besonders cool ist vor allem die Lautstärke der Musik, mit der halb Skopje und eben auch mein Zimmer bis weit über Mitternacht beschallt wird.
Auch unter mir geben sich die Kellern jede Mühe, kein Geräusch auszulassen. Im angesagtesten Restaurant der Stadt wird nach Sperrstunde noch fleißig geputzt. Dabei wird jeder Sessel und Tisch mindestens zweimal verschoben. Die Heizungsrohre dienen dabei als Klangboten. Ich juble und sitze dabei hellwach im Bett!
Der Baustil: Kommunistischer als kommunistisch
Mein Blick gleitet durch die Glasfront auf ein Betonmonument, das kommunistischer zu kommunistischen Zeiten nicht gebaut werden hätte können. Derzeit ist es ein Betonklotz. Wenn es fertig ist, soll es ein Alexander der Große Brunnen mit Wasserfall werden. Jedenfalls beherrscht der Klotz den gesamten Platz und die schlechte Stimmung zwischen Griechenland und Mazedonien. Ach, immer diese alten Geschichten von den Eroberern und wie sie bis heute für Verstimmung sorgen! (Griechenland will, dass Mazedonien seinen Namen ändert, sonst kein EU-Beitritt) Vielleicht hätte sich doch die orthodoxe Kirche durchsetzen sollen und hier eine große Kathedrale bauen sollen. Nicht viel hat gefehlt und das wäre vor ein paar Wochen auch tatsächlich geschehen. Grund und Boden, hier im Zentrum, hat die Kirche nämlich bereits vom Staat geschenkt bekommen. Einige Barrikaden und Sitzstreiks später, ist man von diesem Plan wieder abgerückt. Die Muslime wollten nämlich gleich daneben eine Moschee errichten und die Katholiken bestanden auch darauf nicht leer auszugehen. Man hätte eine Brücke über all die Bauwerke errichten müssen, damit man den Platz noch hätte queren können. Wie gesagt, wegen all der Streiks von sakralbaufeindlichen Mazedoniern, wurde aus all den „himmlischen“ Bauwerken dann doch nichts, zumindest ist das der derzeitige Stand der Dinge.
Gebaut wird hier aber dennoch wie wild. Das Stichwort dazu heißt Skopje 2014. Bis dahin werden hier alles wichtigen Gebäude um 200 Millionen Euro renoviert, oder auch neue gebaut. Ein bisschen Griechenland, ein bisschen Triumpfbogen aus Frankreich. Mir scheint, hier baut man Minimundus im Großen.
Nach Schlaf ringend
Natürlich wird auch in meinem Hotel gebaut. Der hässliche Plattenbau bekommt eine neue Fassade im Gründerzeit-Stil. Aber muss das schon um 7.00 Uhr in der Früh sein? Dem nach Schlaf ringenden Gast bleiben also zwischen Sesselrücken und Presslufthammer knapp vier Stunden zur Erholung. Innen ist mein Zimmer aber top-modern! Roter Boden, braunorange Vorhänge mit 60er Jahre Muster, Designervase und Internet.
Ohne Stadtplan gehe ich durch die Straßen, verlasse mich auf mein Orientierungsgefühl und liege komplett falsch. Straßen haben hier an den Kreuzungen keine rechten Winkel, sondern driften nach Belieben auseinander. Ich glaube also ständige wo anders zu sein, als ich bin. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn Skopje ist im Kern zu Fuß durchaus bezwingbar.
Eigentlich gibt es zwei Skopjes, erklärt mit ein Albaner: „Den Teil der Mazedonier, dort wird eben gerade alles renoviert. Und dann gibt es noch den Teil der Türken und Albaner.“ Dort ist angeblich noch alles alt und kaputt. Getrennt wird das alles von Fluss Vardar.
Grenzen und Trennendes
Warum nur lieben die Menschen Grenzen und Trennendes so sehr? Von der Außenposition betrachtet scheint vieles so einfach und die Lösung oft so simpel. Die Betroffenen quälen sich aber über Jahre und schlittern in immer größere Konflikte. Einer dieser Konflikte ist das Verhältnis zwischen Journalisten und Glaubensgemeinschaften in Mazedonien. Jeder beschuldigt - und so ist es meist bei Konflikten - den Anderen. Und dann kommen auch schon die Aufzählungen, wann und wo das Gegenüber schlecht recherchiert, falsch berichtet, unkorrekt gearbeitet hat. Zwei Tage schule ich Religionsoberhäupter und Medienvertreter im Umgang miteinander. Vor dem Seminarraum warten 25 Kameras und doppelt so viele Mikrophone. Da muss ich jetzt durch. Zehn Minuten stehe ich Rede und Antwort und werde fünf Stunden später sogar in den Haupt-Nachrichten gespielt. Tags darauf kennen mich viele aus dem Fernsehen! Wow! Überall höre ich: „Ich habe dich gestern gesehen“. Was ich gesagt habe? Die Meisten haben keine Ahnung mehr! Ich liebe das Fernsehen!
Übrigens haben die Mazedoniere dieses Jahr, zum großen Missfallen der orthodoxen Kirche, das Eierpecken entdeckt. Das Fernsehen hat groß darüber berichtet und dabei ganz auf die Botschaft von Ostern vergessen.
Über die „Steinbrücke“ kommt man vom Hauptplatz in den alten Teil der Stadt. Ein großer Basar mit echtem Flair, muslimisch, türkisch geprägt. Würde es jetzt nicht regnen, es wäre hier sehr gemütlich.
Rocklänge der Frauen: Kürzer ging es nimmer!
Was wirklich Eindruck hinterlässt, sind die unzähligen Figuren und Skulpturen, die überall in der Stadt aufgestellt sind. Eindruck hinterlassen auch die hohen Stöckelschuhe der Frauen und ihre noch höheren Rocksäume. Kürzer ginge es nimmer! Mazedonier, Frauen wie Männer, dürften kein Temperaturempfinden besitzen. Es hat „heiße“ 12 Grad Außentemperatur, die sich für mich jedoch wie fünf Grad anfühlen. Dennoch sitzen alle in den Gastgärten im Freien.
Ich beende meinen Rundgang durch die City an unzähligen Shoppingcenter vorbei. Die Musik in der Bar gegenüber vom Hotel ist nun doch etwas leiser. Schon bald um 4.20 Uhr kommt mein Taxi zum Flughafen. Die Bauarbeiter morgen Früh werden mich also sicher nicht aufwecken, denn dann bin ich schon wach und über den Wolken.
Auch unter mir geben sich die Kellern jede Mühe, kein Geräusch auszulassen. Im angesagtesten Restaurant der Stadt wird nach Sperrstunde noch fleißig geputzt. Dabei wird jeder Sessel und Tisch mindestens zweimal verschoben. Die Heizungsrohre dienen dabei als Klangboten. Ich juble und sitze dabei hellwach im Bett!
Der Baustil: Kommunistischer als kommunistisch
Mein Blick gleitet durch die Glasfront auf ein Betonmonument, das kommunistischer zu kommunistischen Zeiten nicht gebaut werden hätte können. Derzeit ist es ein Betonklotz. Wenn es fertig ist, soll es ein Alexander der Große Brunnen mit Wasserfall werden. Jedenfalls beherrscht der Klotz den gesamten Platz und die schlechte Stimmung zwischen Griechenland und Mazedonien. Ach, immer diese alten Geschichten von den Eroberern und wie sie bis heute für Verstimmung sorgen! (Griechenland will, dass Mazedonien seinen Namen ändert, sonst kein EU-Beitritt) Vielleicht hätte sich doch die orthodoxe Kirche durchsetzen sollen und hier eine große Kathedrale bauen sollen. Nicht viel hat gefehlt und das wäre vor ein paar Wochen auch tatsächlich geschehen. Grund und Boden, hier im Zentrum, hat die Kirche nämlich bereits vom Staat geschenkt bekommen. Einige Barrikaden und Sitzstreiks später, ist man von diesem Plan wieder abgerückt. Die Muslime wollten nämlich gleich daneben eine Moschee errichten und die Katholiken bestanden auch darauf nicht leer auszugehen. Man hätte eine Brücke über all die Bauwerke errichten müssen, damit man den Platz noch hätte queren können. Wie gesagt, wegen all der Streiks von sakralbaufeindlichen Mazedoniern, wurde aus all den „himmlischen“ Bauwerken dann doch nichts, zumindest ist das der derzeitige Stand der Dinge.
Gebaut wird hier aber dennoch wie wild. Das Stichwort dazu heißt Skopje 2014. Bis dahin werden hier alles wichtigen Gebäude um 200 Millionen Euro renoviert, oder auch neue gebaut. Ein bisschen Griechenland, ein bisschen Triumpfbogen aus Frankreich. Mir scheint, hier baut man Minimundus im Großen.
Nach Schlaf ringend
Natürlich wird auch in meinem Hotel gebaut. Der hässliche Plattenbau bekommt eine neue Fassade im Gründerzeit-Stil. Aber muss das schon um 7.00 Uhr in der Früh sein? Dem nach Schlaf ringenden Gast bleiben also zwischen Sesselrücken und Presslufthammer knapp vier Stunden zur Erholung. Innen ist mein Zimmer aber top-modern! Roter Boden, braunorange Vorhänge mit 60er Jahre Muster, Designervase und Internet.
Ohne Stadtplan gehe ich durch die Straßen, verlasse mich auf mein Orientierungsgefühl und liege komplett falsch. Straßen haben hier an den Kreuzungen keine rechten Winkel, sondern driften nach Belieben auseinander. Ich glaube also ständige wo anders zu sein, als ich bin. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn Skopje ist im Kern zu Fuß durchaus bezwingbar.
Eigentlich gibt es zwei Skopjes, erklärt mit ein Albaner: „Den Teil der Mazedonier, dort wird eben gerade alles renoviert. Und dann gibt es noch den Teil der Türken und Albaner.“ Dort ist angeblich noch alles alt und kaputt. Getrennt wird das alles von Fluss Vardar.
Grenzen und Trennendes
Warum nur lieben die Menschen Grenzen und Trennendes so sehr? Von der Außenposition betrachtet scheint vieles so einfach und die Lösung oft so simpel. Die Betroffenen quälen sich aber über Jahre und schlittern in immer größere Konflikte. Einer dieser Konflikte ist das Verhältnis zwischen Journalisten und Glaubensgemeinschaften in Mazedonien. Jeder beschuldigt - und so ist es meist bei Konflikten - den Anderen. Und dann kommen auch schon die Aufzählungen, wann und wo das Gegenüber schlecht recherchiert, falsch berichtet, unkorrekt gearbeitet hat. Zwei Tage schule ich Religionsoberhäupter und Medienvertreter im Umgang miteinander. Vor dem Seminarraum warten 25 Kameras und doppelt so viele Mikrophone. Da muss ich jetzt durch. Zehn Minuten stehe ich Rede und Antwort und werde fünf Stunden später sogar in den Haupt-Nachrichten gespielt. Tags darauf kennen mich viele aus dem Fernsehen! Wow! Überall höre ich: „Ich habe dich gestern gesehen“. Was ich gesagt habe? Die Meisten haben keine Ahnung mehr! Ich liebe das Fernsehen!
Übrigens haben die Mazedoniere dieses Jahr, zum großen Missfallen der orthodoxen Kirche, das Eierpecken entdeckt. Das Fernsehen hat groß darüber berichtet und dabei ganz auf die Botschaft von Ostern vergessen.
Über die „Steinbrücke“ kommt man vom Hauptplatz in den alten Teil der Stadt. Ein großer Basar mit echtem Flair, muslimisch, türkisch geprägt. Würde es jetzt nicht regnen, es wäre hier sehr gemütlich.
Rocklänge der Frauen: Kürzer ging es nimmer!
Was wirklich Eindruck hinterlässt, sind die unzähligen Figuren und Skulpturen, die überall in der Stadt aufgestellt sind. Eindruck hinterlassen auch die hohen Stöckelschuhe der Frauen und ihre noch höheren Rocksäume. Kürzer ginge es nimmer! Mazedonier, Frauen wie Männer, dürften kein Temperaturempfinden besitzen. Es hat „heiße“ 12 Grad Außentemperatur, die sich für mich jedoch wie fünf Grad anfühlen. Dennoch sitzen alle in den Gastgärten im Freien.
Ich beende meinen Rundgang durch die City an unzähligen Shoppingcenter vorbei. Die Musik in der Bar gegenüber vom Hotel ist nun doch etwas leiser. Schon bald um 4.20 Uhr kommt mein Taxi zum Flughafen. Die Bauarbeiter morgen Früh werden mich also sicher nicht aufwecken, denn dann bin ich schon wach und über den Wolken.